Klinkerwerk Rusch, Drochtersen, 2. Juli 2025. Backstein auf Backstein – Symbol und Schauplatz zugleich: Im traditionsreichen Klinkerwerk Rusch in Kehdingen erhielten Anfang Juli die diesjährigen Zimmerer- und Maurergesell:innen ihr Handwerks-Zertifikat. Inmitten alter Ringöfen, rot leuchtender Ziegel und dem Geruch nach Feuer und Erde wurde Handwerk spürbar – als Geschichte und als Zukunft. Ein festlicher, aber auch persönlicher Abend, den die Bauhandwerks-Innung Stade organisierte.
Foto: Die Absolvent*innen umrahmt von Innungsvertretern, Prüfungsausschussmitgliedern und Lehrern.
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„Ihr habt ein starkes Fundament gelegt“ – Olaf Guthahn begrüßt als neuer Obermeister
Zum ersten Mal begrüßte Olaf Guthahn in seiner neuen Funktion als Obermeister der Innung die Gäste – sichtlich stolz und bewegt. Er machte deutlich, was diesen Moment so besonders macht: „Heute endet eure Ausbildungszeit – aber es beginnt etwas Größeres: Ihr seid jetzt Teil einer Gemeinschaft, die Verantwortung übernimmt, die Qualität garantiert und die Zukunft gestaltet. Ihr habt ein starkes Fundament gelegt – und ab jetzt liegt es an euch, darauf aufzubauen.“
Mit einem feinen Gespür für die Balance zwischen Ernst und Leichtigkeit wandte sich Guthahn sowohl an die Absolvent:innen als auch an deren Familien, Ausbilder:innen und Lehrer:innen. Besonders betonte er: „Der Gesellenbrief ist mehr als ein Stück Papier. Er steht für Einsatz, Disziplin, Wissen und Können. Ihr habt euch für einen Beruf entschieden, der nicht nur Geschichte hat, sondern auch verdammt viel Zukunft.“
Feuer, Ton und Handarbeit – das Klinkerwerk als lebendige Kulisse
Dass dieser Abend in einem Klinkerwerk stattfand – inmitten von Backstein, Staub und Maschinen –, war kein Zufall. Gastgeber Markus Lütjen und Matthias Rusch, Geschäftsführer des Klinkerwerks Rusch, nutzten die Gelegenheit, den Gästen einen lebendigen Einblick in die handwerkliche Ziegelproduktion zu geben. Mit viel Leidenschaft erklärten sie, wie der Ton aus dem Kehdinger Land oberirdisch gewonnen, mit Sand vermengt und zu den typischen Formaten gepresst wird – Oldenburger, Hamburger oder Reichsformat. Jeder Ziegel wird im Ringofen von Hand eingelegt, gebrannt, sortiert. „Wir nehmen jeden Stein drei Mal in die Hand – das ist echte Handarbeit. Damit konkurrieren wir nicht mit Industriebetrieben, sondern sichern uns europaweite Aufträge im Denkmalschutz“, erklärte Lütjen. Und während draußen der Sommerregen einsetzte, spürte man drinnen: Hier wurde nicht nur über das Handwerk gesprochen – hier war es überall sichtbar.
Starke Worte vom Landtag – Melanie Reinecke bringt ihre Handwerksgeschichte mit
Für einen weiteren Höhepunkt sorgte Landtagsabgeordnete Melanie Reinecke. Ihre Rede war persönlich, nahbar und wertschätzend. Sie selbst wuchs in einer Handwerksfamilie auf: Ihr Vater führte einen Betrieb für Schiffselektrik und Sanitär. „Ich bin in der Werkstatt groß geworden – Taschengeld gab’s nur nach dem Werkstattputz“, erzählte sie schmunzelnd. Ihre Botschaft an die jungen Gesell:innen war klar: „Was ihr heute erreicht habt, ist mehr als ein Berufsabschluss. Ihr habt euch für ein Arbeitsfeld entschieden, das sichtbar ist, das bleibt, das gebraucht wird – und das Sinn stiftet.“ Mit ihren Worten würdigte sie die Leistungen der Auszubildenden: „Ihr habt bei Regen und Hitze geschuftet, habt geschleppt, geplant, gemessen – und manchmal auch Fehler gemacht, aus denen ihr gelernt habt. Und jetzt seid ihr fertig. Seid stolz. Was ihr macht, ist kein Job wie jeder andere. Ihr baut Räume, Kitas, Werkstätten – und damit die Grundlage für unser gesellschaftliches Miteinander.“
Freigesprochen – und bereit für alles, was kommt
Nach den Reden folgte der offizielle Teil: Die Zeugnisse wurden überreicht, Prüfungsleistungen gewürdigt, Buchpreise verliehen. Dann sprach Gesellenbeisitzer Alexander Strang die jungen Fachkräfte feierlich frei – mit Handschlag, Urkunde und einem kräftigen „Prost!“ in die Runde. Die Gäste applaudierten, Kameras klickten, die Spannung wich breitem Lächeln – spätestens jetzt wurde aus Anspannung echte Freude.
Fünf Gesellen, fünf Wege
Und während im Anschluss bei der traditionellen Gesellen-Vespa gegessen, getrunken und gefeiert wurde, sprachen einige der neuen Gesell:innen über ihren Weg ins Handwerk – offen, ehrlich und voller Zukunftspläne:
„Morgens starten, abends stolz – Handwerk passt zu mir“ - Jetzt Maurergeselle
Tom Volck ist 23 Jahre alt, kommt aus Harsefeld und hat bei ViebrockHaus in Harsefeld gelernt. In die Ausbildung rutschte er über verschiedene Praktika, ohne klaren Plan – aber mit wachsender Begeisterung. „Irgendwann war mir klar: Ich will was machen, das bleibt. Ich will draußen arbeiten, mit den Händen. Und ich will abends sehen, was ich geschafft habe.“ Drei Worte, mit denen er sein Handwerk beschreibt? „Langlebig. Qualitativ. Manchmal hart.“
Die Zimmerer:in
Mit Leidenschaft aufs nächste Level – Michel Duvenhorst startet nach der Ausbildung ins Bauingenieurstudium
Michel Duvenhorst ist 21, kommt aus Bargstedt und hat seine Ausbildung bei von Quelle Holzbau absolviert. Nach seinem Abitur „wollte ich eigentlich Bauingenieurwesen studieren – habe aber gemerkt, dass es total sinnvoll ist, vorher eine Ausbildung zu machen. Dann versteht man die Praxis, die Baustelle, die Abläufe.“ Und genau das war für ihn goldrichtig. Bald beginnt sein Studium – mit der Erfahrung eines gelernten Zimmerers im Gepäck. Auf die Frage, wie er sein Handwerk beschreiben würde, sagt er: „Zusammenarbeit. Spaß. Leidenschaft.“
"Draußen. Echt. Eigenständig – das ist mein Weg“
Felix Wendt (21) kommt aus Harsefeld und hat bei Zimmerei Müller in Ahlerstedt gelernt. Auch er kam übers Abitur – aber mit einem kurzen Zwischenstopp in der Chemieindustrie. „Das war gar nichts für mich – immer das Gleiche, zu monoton. Ich wollte draußen sein, was anfassen, was schaffen.“ In seiner Familie sei das Handwerk sowieso fest verankert: Vater Elektriker, Mutter Malerin, Opa Maurer. Für ihn geht’s jetzt als Geselle weiter – aber mit dem Ziel Meisterschule. „Ich will in Zukunft noch mehr Verantwortung übernehmen – vielleicht sogar einen eigenen Betrieb gründen.“
„Zwei Gesellenbriefe, ein Ziel: Holz im Herzen“
Felix Peter, 24 aus Fredenbeck, hat sogar zwei Abschlüsse in der Tasche: erst als Tischler, dann als Zimmerer. „Meine Freundin ist auch Zimmerin – sie hat mich irgendwie angesteckt“, lacht er. Gelernt hat er bei Zimmerei Hölting in Burweg. Der Unterschied zwischen beiden Berufen? „Zimmerer ist gröber, klar – aber man ist viel mehr draußen. Das gefällt mir besser. Und ja – es ist einfach unfassbar cool.“ Aktuell arbeitet er in seinem Ausbildungsbetrieb weiter – möglichst langfristig. Und wenn er in die Zukunft blickt? „Selbstgebautes Holzhaus, möglichst mit ihr – und vielleicht irgendwann selbstständig.“
„Vom Praktikum zur Powerfrau auf dem Bau“
Leonie Clemens (22) aus Apensen war die einzige Frau in ihrer Ausbildungsgruppe. „Das war nie ein Problem. Ich habe schon immer viel mit Jungs zu tun gehabt – die manchmal raue Sprache stört mich nicht.“ Ihre Geschichte beginnt mit dem Wunsch, Architektur zu studieren. Gelernt hat sie bei Lühmann Holzbau in Ahlerstedt „Ich wollte vorher ein Praktikum machen – und das war so gut, dass ich direkt geblieben bin.“ Heute hat sie ihren Gesellenbrief – und ihren Plan nicht aus den Augen verloren. „Ich will Architektin werden – aber eine, die weiß, wie’s wirklich auf der Baustelle läuft.“ In ihrer Freizeit stemmt sie Gewichte – Kraftsport ist ihr Ausgleich. Und ihre Beschreibung des Handwerks? „Spannend. Abwechslungsreich. Macht einfach Spaß.“











