Sinnhaft in die Zukunft: Kraftfahrzeugmechatroniker feiern ihren Erfolg. Obermeister fordert klare Wege in der Mobilitätspolitik.
Die Veranstaltung – Handwerker sind nicht irgendeine Nummer im System.
Obermeister Ulrich Tietjen leitet in die Veranstaltung ein und richtet seine Worte nach der Begrüßung direkt an die Hauptakteure der Veranstaltung. Insgesamt 42 an der Zahl, die es nach 3 oder 3,5 Jahre Ausbildung nun zum Mechatroniker/in für Kraftfahrzeuge (34) oder Nutzfahrzeuge (3) geschafft haben. Fünf davon in der neuen Fachrichtung System- und Hochvolttechnik, „dabei sind wir, die Kraftfahrzeug-Innung des Kreises Stade, ein Vorreiter in Deutschland,“ bekräftigt Tietjen. Er motiviert erst diejenigen, die es nicht bis hier her geschafft haben, es nochmal zu versuchen und dran zu bleiben. Dranbleiben sollten aber auch die, die nun ihren Gesellenbrief haben: „Weiterbildung ist auf allen Ebenen möglich – es stehen Euch alle Wege offen – verliert dabei nicht eure Neugier auf das stetig Neue, das uns in unserer Branche permanent begegnet.“ Er schließt mit den Worten: „Wir sind im Handwerk. Ihr seid nicht irgendeine Nummer im Betrieb. Hier seid ihr der, der etwas kann.“ Darauf kann jeder Handwerker stolz sein.
Fotos: Christian Boldt Fotografie
Die Kunden beliefern sich nicht von allein – Individualverkehr ist systemrelevant.
„Wir halten das Land am Laufen – egal welche Krisen uns ereilen,“ da ist sich der Obermeister sicher, denn „Es wird weiter Individualverkehr geben. Solange nichts anderes erfunden wird, wird dieser mit Kraftfahrzeugen stattfinden.“ Ganz gleich welche Antriebsart ist er sich sicher: „Wir werden gebraucht.“ Welche Anstrengungen dafür in modernen Fahrzeugen für einen sauberen Betrieb getroffen werden würden, dass hätten die Pioniere von morgen in ihrer Ausbildungszeit bereits gelernt. Den Kritikern der Welt gibt er als Tipp mit auf den Weg: „Werdet doch Teil einer Lösung – werdet Handwerker.“ Es sei nicht nur der PKW, der uns von A nach B bringe, es ist der Handwerker, der zu seinem Kunden fährt, es ist der LKW, der dafür sorgt, dass die Regale im Supermarkt gefüllt sind. Dieser Individualverkehr hält das Land am Laufen: „Ohne diese Fahrzeuge kein Wohlstand, ohne diese Fahrzeige keine florierende Wirtschaft, ohne diese Fahrzeuge auch kein Amazon-Paket,“ resümiert er.
Ein Appell an die Politik.
Tietjen lässt den Bundespolitikern wissen, dass diese Fakten auch nicht „per Regierungsbeschluss ideologisch zu verändern sind.“ Mit den zweckgebundenen Steuereinnahmen durch KFZ-, Maut- und Mineralölsteuer muss die marode Infrastruktur in Deutschland angegangen werden, denn Tietjen fragt sich mit Blick auf die Straßeninfrastruktur: „Wohin fließen diese Gelder? Das politische Ziel, 15 Millionen E-Autos auf Deutschlands Straßen zu erreichen, sieht Tietjen, nach den letzten Förder-Streichungen, als „nun nicht mehr nur in weiter Ferne, sondern aussichtslos.“
MdL Melanie Reinecke (CDU): Von Brüssel zum „beliebtesten Ausbildungsberuf Deutschlands“.
„Zusammenkommen ist ein Beginn, zusammenbleiben ist ein Fortschritt, zusammenarbeiten führt zum Erfolg.“ Mit diesem Zitat von Henry Ford malte Reinecke ein Bild, das sie auf den heutigen Ist-Zustand legen möchte. Diese Zeiten seien geprägt von Spaltung und dabei zählt sie eine lange Liste von Beispielen auf, dabei sei „das völlig unnötige Zeitverschwendung, denn wir haben so viele Herausforderungen und ehrlicherweise auch Versäumnisse zu meistern, da sollten die Prioritäten ganz woanders liegen.“
Es bringe nichts, jeden Tag aufs Neue einen Schuldigen durchs Dorf zu treiben, stattdessen „lassen Sie uns doch lieber, nach Henry Ford, zusammenzuarbeiten und erfolgreich zu sein – egal welcher Herkunft.“ Fortschritt und Forschung sollten in Deutschland eine viel größere Rolle spielen, um Weltspitze zu sein und den Wohlstand zu sichern. Das zeigt auch eine Studierendengruppe, die den reichweitenstärksten Speicher der Welt gebaut hat, der in einem E-Auto mit einer Akkuladung über 2000 km weit gefahren werden konnte. Das lässt Reinecke, auf ihren 60km starken Hybriden blicken, neidisch zurück. Sie ist sich sicher: „Wir haben so viele schlaue und talentierte Menschen in unserem Land, wenn jeder das macht was er gut kann, dann haben wir alle eine tolle Zukunft vor uns.“
Innungsbeste mit guten Noten und einer mit besonderem Engagement
#1 Wenn die Ausbildung einem nicht reicht – nebenbei für die Fachhochschulreife gepaukt.
„Warum mache ich mein Hobby nicht einfach zum Beruf?“ hat sich Ömir gefragt, als es für ihn nach der 10. Klasse am Gymnasium mit dem erweiterten Realschulabschluss aus eigenen Stücken vorbei war mit Pauken. Von Haus aus wurde bei ihm geschraubt – gemeinsam mit seinem Vater sind ihm bereits in Kindertagen so einige Automodelle durch die Hände gegangen. „Dabei habe ich meinem Vater über die Schulter geschaut und schon viel lernen können.“ Im KFZ-Gewerbe fand er schnell einen Betrieb, der ihn nach einer Probewoche von sich und dem Beruf überzeugen konnte. „Es macht einfach Spaß, jeden Tag.“ Aber das reichte dem jungen Mechatroniker nicht, er hat kurzerhand doch noch Lust am Pauken bekommen und nebenbei seine Fachhochschulreife absolviert: „Jetzt bin ich zur Meisterschule angemeldet und werde in zirka einem Jahr meinen Meisterbrief erhalten.“ Ömir ist stolz und brennt für seinen Beruf – er hat seine Leidenschaft zum Beruf gemacht und lebt in vollster Zufriedenheit. „Ein Wechsel in die Industrie kommt für mich nicht in Frage, das ist für mich ein No-Go,“ beschwört er. Ömir sieht für sich keine Grenzen gesetzt. Mit Gesellenbrief, Fachhochschulreife und baldigem Meisterbrief „kann ich alles sein und alles werden.“ Eines ist er allerdings jetzt schon: „Einfach glücklich bei dem, was ich jeden Tag mache.“ Omir rät jedem, der in seinem Beruf Fuß fassen will, die Bereitschaft mitzubringen zu lernen, zu verstehen und nicht nervös zu werden, denn die wenigsten Dinge laufen nach Plan und erfordern ein „Out oft the Box – Denken. Aber genau das ist es, was jeden Tag zu etwas besonderem macht.“
#2 Vom Schraubenschlüssel zur Meisterprüfung: Niklas' Erfolgsgeschichte als KFZ’ler für Nutzfahrzeuge
Genau so stellt man sich den Idealfall der Zusammenarbeit zwischen Azubi und Ausbildungsbetrieb wohl vor: „Ich habe die Ausbildung in Absprache mit dem Betrieb verkürzt und stecke jetzt schon im Meisterkurs.“ Niklas schätzt die familiäre Atmosphäre und den Zusammenhalt in seinem Team sehr. „Mit 22 Jahren habe ich dann schon ordentlich was geschafft,“ resümiert er stolz. Das war damals auf der Schule noch gar nicht so ersichtlich, denn nach der 11. Klasse der Fachoberschule Technik war für Niklas Schluss – aus eigenem Antrieb, denn „Arbeiten liegt mir mehr, und mit Ausbildung und Meisterbrief kann man ja immer noch studieren, wenn man es dann noch will.“ An seinem Beruf schätzt er die Vielfalt und Komplexität, er könne sich: „Nicht nur daran verwirklichen, sondern auch, im positiven Sinne, verlieren,“ erklärt er den Flow, den er im Alltag verspürt. Nun startet er im Betrieb in den Aufgabenbereich Auftragsannahme und Abwicklung und das sei genau das, was er sich vorgestellt hat. Wenn er zurückblickt auf den Ursprung seiner Berufswahl sieht er sich mit 13 schraubend an seiner Mofa, die zwei Jahre später einsatzbereit und mit dem Führerschein in der Tasche sein täglicher Begleiter wurde. Jetzt geht es ans „Erfahrung sammeln, und langfristig wäre eine Selbstständigkeit die Krönung.“
#3 Von Schraubschlüssel zu Lebensfreude: Jonas' Technikbegeisterung im Arbeitsalltag
Wie das so ist im Leben „muss man ja auch arbeiten“, sagt Jonas verschmitzt, da kam es ihm ganz gelegen, dass er schon immer viel geschraubt hat. „Ich bin sehr an Technik interessiert, ich wollte wissen, wie das alles so funktioniert, egal ob Auto, Mofa oder Motorräder.“ Dabei tanzt er familiär aus der Reihe, denn dort finden sich durchweg kaufmännische Vorbilder. „Dieser Einfluss hat aber eher dazu geführt, dass ich genau das nicht machen möchte.“ Mit seinen Zukunftsvisionen hält sich Jonas noch etwas bedeckt, wichtig für ihn ist: „Erfahrungen sammeln, verschiedene Dinge sehen und kennenlernen.“ Was man ihm nicht mehr nehmen kann, ist das Gefühl: „Wenn der Motor wieder anspringt,“ denn das sei schon ein besonderer Moment nach getaner Arbeit.
#4 Vom Mofa zum KFZ-Profi: Theo's Leidenschaft für das Schrauben an Fahrzeugen
„Alles, wo ne Schraube dran war, war vor mir nicht sicher,“ beschreibt Theo seinen Weg in die Mechanikerwelt. Seine Mofa musste als erstes dran glauben und war Freud und Leid zugleich, doch „in den meisten Fällen ist sie dann wieder angesprungen.“ Auch die Mofas seiner Kumpels hat er wieder fit gemacht und da lag der Beruf des KFZ’ler nicht mehr fern. Nach zwei Praktika ging es dann bei Stadac los. Die Ausbildung war dann doch nochmal eine andere Hausnummer: „Der Beruf macht sehr viel Spaß, ist aber auch herausfordernd und komplex, da muss man schon Lust zu haben auch mal richtig knifflige Sachen anzugehen.“ Was ihn mit seinen anderen Absolventen eint ist die Wahlaufgabe, einen Motor zu zerlegen, auszutauschen und wieder ans Laufen zu bringen, denn auch ihm geht „einfach das Herz auf, wenn das Fahrzeug wieder anspringt und nichts klappert.“ In den Sternen steht auch seine Zukunft, denn „Meine Pläne gingen erstmal bis zu dieser Prüfung und danach als KFZ’ler zu arbeiten, was danach kommt, werde sich schon ergeben, da bin ich ganz offen.“ Ausschließen kann er nicht, mal als Berufsschullehrer arbeiten zu wollen, denn „andere in den Beruf zu bringen wäre schon ein tolles Gefühl.“