25. August 2023. Geschäftsstelle der Schornsteinfeger-Innung in Stade.
Eingerahmt von flackerndem Kerzenlicht steht, von jedermann gut zu sehen, eine alte Truhe in der Mitte der Tischreihen. Eine Truhe, die etwas sehr Wertvolles innehält: „Ein Tag, den Sie nie vergessen werden, den wollen wir auch unvergesslich machen,“ sagt Lehrlingswart Frank Burmester zu den knapp 40 Anwesenden der Freisprechungsfeier 2023.
Mit dabei die Absolvent*innen, deren Familien und oftmals auch Ausbilder und Betriebsinhaber*innen. Nach wohlklingenden Eingangsworten von Burmester übernimmt Obermeister Heinrich Brand das Wort und macht deutlich, wie wichtig die neuen Gesell*innen für sein Handwerk sind.
„Heute stehen wir Schornsteinfeger*innen vor großen Herausforderungen. Müssen wir uns an die Gegebenheiten der aktuellen Stunde immer schneller anpassen, fortbilden und weiterbilden, um unseren Kunden ein guter und verantwortungsvoller Handwerker und Dienstleister zu sein.“ Denn Schornsteinfeger sorgen in allererster Linie dafür, dass es den Menschen gut geht und sie in Sicherheit leben können. „Wir haben Ihnen das Schreiben beigebracht, die Geschichten müssen Sie nun selbst zu Papier bringen,“ fordert Burmester die Absolventen bildlich auf, die Grundlage des Gesellenbriefes nun als Anlass für weitere Wege zu sehen.
Ein Abend der Traditionen in einer Welt der sich ständig verändernden Moderne. „Da tut das Alte, das Bleibende doch auch mal ganz gut,“ freut sich Obermeister Brand, der dabei zusieht, wie die neuen Gesellen von ihren Liebsten oder Betrieben als Anerkennung der Leistung ihren „Zylinder“ überreicht bekommen. Die Freude darüber ist ihnen allen anzusehen, aber auch „der noch wachsende Stolz und zaghafte Glaube an das, was da nun kommen wird.“ Denn nun stehen die Junghandwerker als Geselle in ihrem Alltag und in der Verantwortung für ihr Tun. „Daran können Sie nur wachsen,“ macht Brand ihnen Mut. Mit den neuen Wertpapieren und der neuen Kopfbedeckung im Gepäck feierten die Gäste diesen Tag und begrüßten damit die Absolvent*innen in ihrem neuen Lebensabschnitt.
Drei Absolventen erzählen ihre Geschichte:
Die beste Entscheidung seines Lebens – Schornsteinfeger sein ist schön, frei und dreckig
Nils Bothe, 28, Achim, Carsten Radeke Emtinghausen
Für Nils ist es bereits die zweite Freisprechung in seinem Leben: „Ich bin gelehrnter Klempner (Anlagenmechaniker für Sanitär-, Heizungs- und Kimatechnik) und habe auch drei Jahre als Geselle gearbeitet.“ Kein Wunder, denn aufgewachsen ist Nils mit dem passenden Betrieb im Gepäck: „Meine Familie hat einen eigenen SHK-Betrieb, in dem auch mein kleiner Bruder tätig ist.“ Warum er dann den „Verein“ wechselte, erklärt er so: „Der Gedanke reifte schon eine Weile, dann kam Herr Zufall und Frau Schnaps-Idee zur richtigen Zeit an dem richtigen Ort zusammen.“ Und so startete Nils in die verkürzte Ausbildung, startet nächstes Jahr in die Meisterschule und findet: „das war die beste Entscheidung meines Lebens.“ In 10 Jahren wünscht er sich weiterhin diesen „schönen, freien und dreckigen Job ausführen zu dürfen, in einem entspannten Arbeitsverhältnis und mit Eigenheim mit allem pipapo.“
Vom Lehramt zum Schornsteinfeger – wenn Handwerk „einfach dein Ding ist.“
Lea Tillmann, 27, Osterholz-Scharmbeck, Oliver Buck Worpswede und Torben Taxius Osterholz-Schwarmbeck, Abitur
Lea wollte eigentlich Lehramt studieren: „Ich habe schnell gemerkt, dass das nicht mein Ding ist. Handwerk – das klingt schon sehr cool,“ so ihr damaliges Resümee. Daraufhin setze ihr Vater ihr einen Floh ins Ohr: „In einem Gespräch sagte er so nebenbei, er wollte früher immer Schornsteinfeger werden, daraufhin hab ich mich mal schlau gemacht,“ Auf die Frage: Warum nicht? Fand sie bei ihrem Ausbildungsbetrieb schnell eine Antwort. Dort startete sie ohne Schnupperzeit direkt ins Berufsleben. Als Handwerksgesellin geht es jetzt weiter im Alltag und nächstes Jahr „soll dann der Meisterkurs starten,“ sagt sie hoffnungsvoll. Ihr Beruf ist für sie in erster Linie: „Sicherheit gebend und zuverlässig.“ Wichtig sei ihr zudem: „Glücklich und gesund sein,“ und dafür hat sie mit ihrem Gesellenbrief eine gute Grundlage geschaffen.
Berufs-Version 1 über Bord geworfen – Mit Version 2 als Schornsteinfegerin glücklich geworden.
Swantje Dahl, 20, Wurster Nordseeküste, Michael Plümer Wurster Nordseeküste, Fachabitur
Swantjes erste Vision vom Berufseben war eine ganz andere als heute. „Tischlerin wollte ich ursprünglich werden, da habe ich aber selbst schnell gemerkt, das ist irgendwie doch nichts für mich.“ Gut für die Schonsteinfeger – denn mit der richtigen Überzeugungsarbeit eines befreundeten Schornsteinfegers wechselte sie das Handwerksufer zu den Glücksbringern. Swantje dachte: „Ich habe nichts zu verlieren und nach einem zweiwöchigen Praktikum war ich so begeistert, dass es direkt in die Ausbildung ging.“ In ihrer Familie gibt es eine ganze handvoll Handwerker, die ihr ein gutes Vorbild waren, ob Zimmerer, Dachdecker oder Tischler. Nach drei Jahren Ausbildung resümiert sie: „Mein Beruf ist hoch hinaus, vielfältig und gemeinschaftlich.“ Im Berufsalltag ist für sie alles dabei, was sie braucht: „Man macht etwas Sinnvolles, man hat nette Gespräche mit Kunden und fährt mit einem guten Gefühl abends heim.“ Jetzt guckt Swantje erstmal: „Wie so das Leben spielt,“ und freut sich auf ihre Zukunft als Schornsteinfegergesellin.