Foto 1: Gerhard Hoffmann, 1. Vorsitzender MIT Stade mit MDB Oliver Grundmann bei der Begrüßung
Foto 2: Kreishandwerksmeister Jörg Klintworth im Austausch mit Grundmann, neben ihm Hauptgeschäftsführer Detlef Böckmann
Foto 3: Gerhard Hoffmann moderiert durch die Veranstaltung
Die Mittelstands- und Wirtschaftsunion Stade (MIT) lädt ein und knapp 40 Menschen folgen ins Technologiezentrum des Handwerks in Stade. „Der Weckruf ist da“ steigt Grundmann in die ersten Fragen ein, die sich um eines der brennenden Kernprobleme des Handwerks drehen: Den Fachkräftemangel. Einhergehend mit zunehmend Mitarbeiter abwerbenden Industriebetrieben der Region: „Die Volkswirtschaft wird es richten – die fetten Jahre sind vorbei,“ fasst Grundmann zusammen und verweist auf das in seiner Hand liegende Buch über Künstliche Intelligenz: „Es werden viele – sehr viele Berufe durch KI ersetzt werden, und da trifft es vor allem Prozesse, die von Akademikern besetzt werden.“ Damit sei es nur noch eine Frage der Zeit bis „die Flut ins Handwerk kommen wird, denn die Menschen werden merken, dass Leben nur mit Arbeit funktioniert.“ Nach dem Motto „Ohne Moos nix los“ soll es also generationenübergreifend ein Umdenken geben, das selbst aus dem Arbeitsmarkt heraus entsteht. Für die anwesenden Betriebsinhaber nur ein kleiner Trost, doch auch sie seien aufgerufen, KI und Co zu nutzen: „Das ist auch Digitalisierung – nicht nur die Kabel, die im Boden liegen,“ so Grundmann.
Jürgen Knoll und seine Kolleg*innen führen die Gäste durch die Räumlichkeiten
„Wir sind ja nicht umsonst das „Technologiezentrum“ des Handwerks“, startet Betriebsleiter Jürgen Knoll in seine Vorstellung. Gemeinsam mit seinen Kolleg*innen führte er die Gäste durch das Haus und fachsimpelten zu den neueste, ganz praktisch umgesetzten Techniken in Sachen Energie,“ denn, so Knoll weiter: „Hier bei uns kommt man mit einer Power Point Präsentation nicht weiter, wir setzen um, testen, schrauben, werkeln und geben das dann an unsere Seminarteilnehmer weiter.“ Dabei streiften die fachkundigen Gäste an verschiedensten Heizungen und Klimageräten, Solarmodulen und Windräder auf dem Dach vorbei und sind nach ihrem Besuch „schlauer als vorher – gerade für Betriebsstätten, Hallen und größere Gebäude gibt es großes Potential zur Energieoptimierung und Speicherung,“ findet Hauptgeschäftsführer Detlef Böckmann.
Energie war auch ein Thema, das dem Bundestagsabgeordneten auf dem Herzen lag: „Das LNG-Terminal in Stade wird für die Region ein wirtschaftliches Speedboot sein,“ verspricht er. Es bringt Innovationskraft, Investitionsvolumen und Menschen in die Region, von dem auch das Handwerk direkt und indirekt profitiert. Diese Hoffnung haben auch die Vertreter des Handwerks, sehen aber auch große Herausforderungen: „Wir müssen auch hier mit Abzug unseres Personals rechnen. Aufträge werden sich entsprechend verzögern – das hilft dem LNG Terminal und co. am Ende auch nicht weiter.“ Aber ganz so schwarz malen möchten die Handwerker dann doch nicht: „Aber natürlich ist ein Anlanden von Unternehmen in der Region unter Strich immer mehr ein Vorteil als ein Nachteil. Und: Ein Meckern auf hohem Niveau in gesamtregionaler und deutschlandweiter Sicht,“ so Kreishandwerkermeister Jörg Klintworth
Papierkram adé? Leider kein Land in Sicht
Zur Entbürokratisierung fiel den Handwerksvertretern nicht mehr viel ein: „Wir resignieren so vor uns hin,“ so Klintworth und „nehmen unser Schicksal derzeit einfach an.“ Er und seine Kollegen seien über immer neue Auflagen, Papierkram und Vorschriftswahnsinn aus Deutschland und der EU nicht mehr sonderlich überrascht: „In Betrieben benötigt es fast eine ganze Vollzeitstelle, um sich nur um diesen Kram zu kümmern: „Das ist unverhältnismäßig und hat eine vollends übertriebene Dynamik angenommen,“ findet Grundmann, kann aber leider keine Lösungsvorschläge vorbringen. „Die Bemühungen auf Landesebene konnten leider auch keine großen Sprünge realisieren.“ Lehrlingswart der Tischler-Innung Stade Rudolf Mundt schmunzelt: „Vielleicht hilft uns bei diesem Thema ja bald deine angepriesene KI weiter – und vielleicht bekommen wir dafür auch eine staatliche Unterstützung, denn auch das muss man sich leisten können.“
Stärkere Lobbyarbeit in Berlin
Grundmann forderte vom Handwerk aber auch sich stärker in Berlin zu präsentieren: „Ihr müsste für euch die Werbetrommel rühren, das reicht noch nicht.“ Hier seien die Verbände gefordert eine größere Lobby aufzubauen, fernab von seitenlangen Papers und Papeterie. „Hier muss Werbung gemacht werden, damit Mann und Frau euch hört.“
Fazit des gemeinsamen Nachmittages: Hausaufgaben für beide Seiten. Mit diesen im Gepäck, ging es zum gemeinschaftlichen, rustikalen Essen in die Nachbarschaft in die „Barcerole“.