Kleine wertvolle Edelsteine des Handwerks: Bauhandwerks-Innung spricht Nachwuchs frei.

31 Zimmerer*innen und 16 Maurergesellen frei.

Drochtersen, 4.7.2023. Die Ziegelei Rusch ist ein besonderer Ort und genau passend für den feierlichen Akt, den die Bauhandwerks-Innung Stade dort alljährlich zu bejubeln hat. 30 Zimmermänner, eine Zimmererfrau und 16 Maurer spricht die Innung an diesem Tag frei. „Sie sind nun Rohdiamanten mit Ecken und Kanten, so wie Sie es sind – und jeder von Ihnen muss nun anfangen zu schleifen,“ malt der Obermeister Max-Herbert Gellert und übergibt jedem Absolventen einen kleinen Stein, den sie in ihre Tasche stecken sollen. „Der wird sich über die Jahre abschleifen und mit immer neuen Erfahrungen genauso rund werden, wie Ihre Kompetenzen und Fähigkeiten – sogar wie Ihr ganzes Leben,“ blickt Gellert für die Junggesellen hoffnungsvoll in die Zukunft.

Foto: Geschäftsführer der Ziegelei Rusch: Matthias Rusch am Stehtisch und Marcus Lütjen am Mikrofon 

 

Der diesjährige Jahrgang zeigt sich qualitativ sehr stark, allein sechs Zimmerer haben ihre Prüfung mit über 90% bestanden. Bei den Maurern sind es erfreulich viele Junggesellen, die die Innung begrüßen darf. 16 an der Zahl, das „ist eine sehr sehr gute Quote – wir brauchen jeden von Ihnen!“ so Gellert.

Zu Beginn stellte die Ziegelei Rusch kurz und bündig die Geschichte, Gegenwart und Zukunft des eigenen Unternehmens vor. „Wir halten uns kurz, denn heute geht es um Sie und Sie können unglaublich stolz auf sich sein.“ Marcus Lütjen macht deutlich, was die jungen Gesell*innen vielleicht hier und heute noch nicht greifen können: „Was für einen hohen Wert das hat, was Sie tun. Das ist lebenserfüllend, Sie schaffen was mit Ihren Händen – Sie sehen am Ende des Tages, was sie geschafft haben. Das ist Handwerk, das ist toll, das ist ehrliche Arbeit.“

Abwechslungsreich und sicher: Handwerk gibt Halt und Beständigkeit.

Der Gesellenbrief sei ein Gütesiegel einer Prüfung, die nicht zu unterschätzen sei. „Dieser Gesellenbrief ist ein Leistungsstandard und eine Qualität, die bei Kunden, Kollegen und Mistreiter von Euch erwartet wird. Eine Verantwortung, die ihr euch jetzt klar werden müsst,“ fordert Gellert. Daher macht er auch deutlich, dass es unumstritten ist, sich immer weiterzubilden, zu fordern. zu fördern und das: „ … liegt in Eurer eigenen Verantwortung.“ Veränderungen seien wichtig und richtig, ob Digitalisierung oder der ständige Wandel in Politik und Trends – es wird immer ein anderes und neues „Bauen“ geben. So ist der Fokus vom Neubau rasant auf den Sanierungsbereich gewechselt und: „Eure Generation wird vermutlich ganz anders „Bauen“ als wir es heute tun.“ Gellert fordert, dass man sich positiv darauf einstellt und immer offen dafür bleibt, denn: „Wissen bringt Euch weiter – wissen bringt Euch Erfolg und Erfahrung.“

 

Gellert hatte noch ein kleines persönliches Geschenk in Peto. Er reichte eine Schachtel herum, aus der sich jeder der Absolvent*innen einen kleinen weißen Stein herausnehmen sollte. „Er ist heute kantig, eckig, rau und ungeschliffen – so sehe ich Sie hier heute auch.“ Sie sollen diesen Stein in ihrer Hosentasche tragen und: „Ihr werdet sehen, er wird mit der Zeit immer glatter werden und anfangen zu glänzen, sich selbst polieren.“ So stellt sich Gellert auch den weiteren Weg der Junggesell*innen vor. „Kleine wertvolle Edelsteine des Handwerks.“

Eine Frau, die mit viel Leidenschaft in die Fußstapfen ihres Vaters tritt!

Melissa Guthahn, gelernt bei Peters Zimmerei, macht nicht nur ihre Familie sehr stolz, in erster Linie sich selber: „Es gab für mich keinen Gedanken an andere Berufe – ich bin schon als kleiner Stöppkes mit auf der Baustelle rumgeturnt oder bei Mama mit ihm Büro,” sagt sie leidenschaftlich. Nach ihrem Realschulabschluss startete sie direkt in die Ausbildung beim befreundeten Fachbetrieb Peters Zimmerei in Buxtehude. „Meine ältere Schwester ist bei uns in der Buchhaltung und im Büro tätig – der Plan ist, dass wir den Betrieb irgendwann mal zusammen übernehmen,” beschreibt Melissa ihre Zukunftsaussichten. Am Abend zu sehen, was man den Tag über erschaffen hat und das Gefühl „einer Familie ein Zuhause gebaut zu haben,” das würde ihren Beruf zu ihrer Berufung machen. Zu Beginn ihrer Ausbildung musste sie kurz zeigen, „ … dass ich keine Püppi bin und anpacken kann.” Denn ein “zu schwer” gibt es bei Melissa nicht und all das „war nie wirklich ein Hindernis, eher eine positive Herausforderung für mich.” Sieht sie in die Zukunft freut sie sich in 15 Jahren auf einem geschäftsführenden Posten im Familienbetrieb in Einklang mit Familie und Kindern, ganz nach dem Vorbild ihrer Eltern, die wohl am heutigen Tag nicht stolzer sein könnten, ihre beiden Töchter – aus eigenem Antrieb – im Unternehmen zu wissen. „Schön, dass wir unseren Kindern vorleben konnten, wie erfüllend dieser Beruf, die Selbstständigkeit und das Familienleben mit einem eigenen Unternehmen sein kann,” so Vater Olaf und Mutter Birgit Guthahn.

Zimmerer: Die Jahrgangsbesten mit 90% und besser.

#1 Max Rathjens, 21, Hollern Twielenfleth, Abitur.

Zimmermann zu werden, war für Max eine spontane Entscheidung. Richtung Bau sollte es gehen, mit Holz arbeiten stand auch fest und sein Umfeld ist voll von Handwerkern. Nach seinem Abitur hieß es dann: „Erstmal bodenständig anfangen – also Ausbildung. Mit Holz, das war schon immer meins und dann ging es – auch ganz ohne Praktika – los,“ so der 21-Jährige. Max hat eine ganze Reihe Menschen, die ein gutes Handwerker-Vorbild für ihn sind: „Eltern und Großeltern waren oder sind Architekten, Elektroingenieure, Schiffbauingenieur, Tischlermeister,“ zählt er auf. Nach diesem Gusto verfährt Max jetzt weiter und geht an die hochschule21 ins Bauingenieurs-Studium.  

#2 Christopher Pfeil, 19, Hollenbeck, Zimmerei Lühmann Wangersen, schulische Fachholschulreife.

„Schule ist nichts mehr für mich, ich geh lieber auf die Baustelle und mach eine Ausbildung.“ Christopher Pfeil findet: „Das war die richtige Entscheidung.“ Auch er hat die Arbeit mit den Händen im Blut. Großvater und Vater haben im Garten- und Landschaftsbau und im Elektrohandwerk gearbeitet. Jetzt geht’s erstmal „… ans Geld verdienen“ bevor er vielleicht in die Meisterschule startet. Bis dahin würde er am liebsten „, … bei strahlendem Sonnenschein Kran fahren,“ antwortet er auf die Frage: Wenn du dir jetzt eine Arbeitsaufgabe wünschen dürftest? 

#3 Hannes Jacob, 20, Bargstedt, Oellrich Holzbau Hollern-Twielenfleth, Realschulabschluss.

„Ich wollte nie ins Handwerk und wollte nie Zimmermann werden,“ sagt Hannes mit einem verschmitzten Lächeln. Bei einem Praktikum hat sich seine Meinung dann schlagartig geändert. „Das war die beste Entscheidung – ich war vorher auch mal im Büro – das war gar nix für mich,“ resümiert er glücklich. Jetzt freut er sich auf Arbeiten und „aufs Geld verdienen. Und vielleicht irgendwann nochmal den Meister machen.“ 

Was er am liebsten im Berufsalltag machen würde, kann er gar nicht sagen: „Ich brauch mir nix wünschen – deshalb mache ich ja Handwerk – weil es abwechslungsreich ist, es wird nie langweilig, weder bei der Arbeit noch im Team.“ 

#4 Luca-Manuel Dohrmann, 19, Ihlienworth, Zimmerei Heinrich Oest GmbH Ihlienworth, Realschulabschluss.

„Ich war schon immer viel mit Holz unterwegs – dadurch hat sich das ergeben. Sein Bruder war der erste, der den Weg ins Handwerk gesucht hat und augenscheinlich ein gutes Vorbild ist, denn Luca macht es ihm nach und hält nun seinen Gesellenbrief in seinen Händen. In einem Praktikum hat sich sein Berufswunsch dann weiter festigen können: „Ich war beim Architekten – aber rumsitzen ist nicht so meins.“ Gute Entscheidung, denn jetzt geht es für Luca mit dem Gesellenbrief in der Tasche mittelfristig Richtung Meisterschule. Danach freut er sich auf einen Arbeitsalltag, der Büro und Bau verbinden könnte: „Zwei Tage Büro, drei Tage Bau, das wäre doch was,“ malt sich der 19-Jährige seine Zukunft.  

#5 Fridtjof Johannßen, Otterndorf, 21, Hinck Hausbau Otterndorf.

Nachdem er in eine landwirtschaftliche Ausbildung reingeschnuppert hat, wechselte Fridtjof zum Zimmererhandwerk: „Ich habe gemerkt, dass das doch nicht ganz das ist, was ich machen möchte.“ Ins Büro zu gehen, war für ihn aber auch keine Alternative, also: „Habe ich mich entschieden zwischen Maurer oder Zimmermann – aber mit Holz ist doch irgendwie der geilere Beruf,“ resümiert der 21-Jährige.  Als Geselle geht’s jetzt weiter in seinem Ausbildungsbetrieb und der Meisterbrief ist für ihn auch nicht ausgeschlossen: „In 15 Jahren habe ich hoffentlich mein eigenes Haus gebaut, meinen Meisterbrief und arbeite, meinen Qualifikationen entsprechend, in führender Position.“ 

#6 Keanu Sierck, 23, Harsefeld, Quelle Holzbau Bargstedt, Ausbildung zum Technischen Systemplaner, Abitur.

„Ich hatte einfach Bock auf Handwerk,“ sein Vater, selbst Dachdecker, gab Keanu den Rat, vor seinem Studium des Bauingenieurswesens noch was Bodenständiges zu machen. „Gesagt, getan – jetzt geht’s aber wirklich zum Studieren an die hochschule21 nach Buxtehude.“  Er schätzt am Beruf des Zimmerers nicht nur das Material Holz, sondern vor allem die Abwechslung und die Zufriedenheit, die man nach getaner Arbeit hat. „Könnte ich mir einen Tag stricken, würde ich alles ein bisschen machen – dann wird’s nicht eintönig,“ schmunzelt der Harsefelder.  

Die Jahrgangsbesten Maurer

#1 Thies Kram, 19, Ottensen, André Freudenberg Bau Beckdorf, Realschulabschluss .

Thies hat das Maurerhandwerk in den Genen – sein Opa war bereits Maurer. Dieses Talent übersprang dann eine Generation und packte sich den 19-Jährigen. Nach einem Praktikum wurde die Entscheidung untermauert. „Jetzt bleibe ich in meinem Betrieb, mache den LKW-Führerschein, dann Meisterschule.“ Und danach sieht die Zukunft für den Ottensener weiter rosig aus: „Mittelfristig ist der Plan, mit meinem Chef das Unternehmen gemeinsam zu führen.“ Besonders zu schätzen weiß Thies den Effekt: „Wenn man irgendwo anfängt und drei oder vier Monate später steht da ein ganzes Haus oder Gebäude – dafür mache ich das.“ So zeichnet sich auch sein Weg bis hierher. „Bei null angefangen, Ausbildung gemacht, Bauleitung übernommen und weiter geht’s,“ sagt er stolz.  

#2 Sören Siegel, 22, Finkenwerder, Abitur, Bauhelfer, alles Mögliche gejobbt.

Nach etwas hin und her mit Ausbildung und Studium ist Sören dann doch selbstsicher in die Zimmererlehre gestartet. „Jetzt hat alles gepasst und ich habe die freie Wahl, ob ich das Studium nochmal angehe oder den Meister mache.“ Nun steht für ihn Geld verdienen und Erfahrungen sammeln auf den Plan. Gesund und glücklich möchte er sein: „Am liebsten irgendwann mehr auf der Planungsebene und weniger auf dem Bau,“ wünscht er sich. Auch bei Sören ist das Handwerk in der Familie verankert: „Der Opa war Bootsbauer, mein Vater hat alles Mögliche handwerklich gearbeitet.“ Handwerk macht glücklich, man sieht, was man schafft. „Man muss fit sein und bleiben, bisschen Sport machen,“ gibt er als Tipp mit. Es ist für ihn dennoch sehr schön „…, jeden Tag zu sehen, was man erschaffen hat.“ 

#3 David Brümmer, 21, Buxtehude-Jork, Erich Köster Wohnungsbau Jork

Es brauchte die 11. Klasse am Gymnasium, dass David seine Berufung fand: „Ich hatte einfach keine Lust mehr auf Schule – ich wollte was Praktisches machen.“ Ihm war damals schon klar, wie erfüllend es sein muss „Durch die Straßen zu fahren und sehen zu können – das Haus habe ich gebaut und das auch und das auch und so weiter – das ist ein schönes Gefühl.“ Nun arbeitet er weiter als Geselle. Weiterbildungen stehen bei ihm aber definitiv auf dem Zettel.  „Handwerker zu sein, erfüllt mich einfach mit Stolz.“ 

#4 Malte Esch, 20, Buxtehude, Johannes Lindemann GmbH & Co. KG Stade, Fachholschulreife Wirtschaft.

Maltes Berufswunsch ist geprägt durch gleich mehrfachen familiären Einfluss: „Mein Opa war Maurer und dann Architekt, mein Vater ist Bauingenieur.“ Und so geht es in seiner Generation weiter. Sein Bruder studiert Bauingenieurswesen, die Schwester Architektur. Das nennt man dann wohl: „Wenn der Apfel nicht weit vom Stamm fällt“. An die Uni geht es für Malte aber nicht – er arbeitet jetzt noch weiter als Geselle und schielt dann Richtung Meisterbrief. Was er am Anfang seiner Ausbildung besonders gut konnte: „Durchschlafen,“ sagt er humorvoll und sagt weiter: „… nach zwei-drei Wochen hat sich der Körper daran gewöhnt.“ Sein Ziel ist klar – Meister und dann irgendwann die Selbstständigkeit. Jetzt würde er sich in seinem Berufsalltag Sanierungsarbeiten, besonders im Fachwerk und ähnliches, wünschen. Im Gesamten beschreibt er das Maurerhandwerk als: „Vielseitig, körperlich anspruchsvoll und ausdrucksstark. Man weiß auf jeden Fall, was man geschafft hat.“ 

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Kreishandwerkerschaft Stade

Authorin: Kim Katharina Koch, Referentin für Öffentlichkeitsarbeit

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